#76 Der 8. Mai 1945: (K)ein Tag wie jeder andere
Shownotes
„Für mich hat sich praktisch im Alltag nichts geändert“, erzählt Erika. „Ich hab gefragt: Jetzt haben wir Frieden – was ist da jetzt anders?“ Ihre Heimatstadt Wien lag in Trümmern, die Menschen hungerten. Aber zumindest fielen keine weiteren Bomben mehr. Und ihr Vater kam zurück nach Hause. Im Krieg dürfte er als Soldat in Osteuropa Vergasungsversuche mitbekommen haben. Der Krieg hatte ihn verändert, stellt seine Tochter fest, die unterdessen daheim ein Klima der Angst erlebte. Durch ihre slawische Abstammung war Erika für die Nazis ein Mensch zweiter Klasse, wie sie sagt, und ihr Onkel wurde hingerichtet, weil er Geld für KZ-Insassen gesammelt hatte. Sie sah die Deportation von jüdischen Nachbar:innen mit an – und spürte schon als Kind instinktiv, dass es besser war, manches für sich zu behalten. All das erzählt Erika im Gespräch mit WZ-Host Mathias Ziegler, der gemeinsam mit Petra Tempfer durch diese letzte Spezialfolge des WZ-Podcasts „Weiter gedacht“ zu 80 Jahren Weltkriegsende führt. Produziert von „hört hört!“.
Gesprächspartnerin
Erika Pazdera wurde 1933 in Wien geboren, wo sie den Zweiten Weltkrieg verbrachte. Später absolvierte sie eine Wirtschaftsschule und arbeitete zunächst in einer Hemdenfabrik, dann in einem Kinderheim, ehe sie erst Altenpflegerin und dann Röntgenassistentin wurde.
Daten und Fakten
Am 8. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg mit dem Inkrafttreten der bedingungslosen Kapitulation des Deutschen Reiches. De facto endeten die Kampfhandlungen mancherorts schon mehrere Wochen früher. In Wien zum Beispiel war das am 22. April der Fall, und bereits am 27. April 1945 bildeten die neu formierten Parteien SPÖ, ÖVP und KPÖ gemeinsam eine provisorische österreichische Staatsregierung und riefen die Zweite Republik aus. Etwas mehr als die Hälfte der 15 Regierungsmitglieder hatten die NS-Zeit in Haft, in Konzentrationslagern oder im Exil überlebt. In Asien hingegen tobte der Zweite Weltkrieg noch viel länger bis zur Kapitulation Japans am 2. September 1945. Die beiden Atombomben auf Hiroshima (6. August) und Nagasaki (9. August) fielen also drei Monate nach dem offiziellen Kriegsende in Deutschland und Österreich.
Weiterführende Links
- Dokumentation lebensgeschichtlicher Aufzeichnungen
- Das Ende des Zweiten Weltkriegs
- Kriegsschäden in Wien%2C%2036.851%20Wohnungen)
- Der Standard: Wie zu Arbeit verpflichtete Ex-Nazis zum Narrativ der „Trümmerfrauen“ wurden
- Ö1: Wiederaufbau und Mythos „Trümmerfrauen“
- WZ: Helga und Helga
- WZ-Podcast: Der Nazi-Opa und der Kaplan
- WZ-Podcast: Wien – Zeitzeugin in Schutt und Asche
- WZ-Podcast: Brachland – Das KZ und die Millionen
- WZ-Podcast: Meine Kriegserinnerungen kehren zurück
- WZ-Podcast: Ich habe 54 Verwandte im KZ verloren
- WZ: „Bonbon, Halt und Juden verboten“
- WZ: Kriegskindheit in Wien: Zwischen Bomben und Schokolade
- WZ: Das Brot, das drei Leben rettete
- WZ: „Hitler lebt!“: Die Welt der Jugendlichen 1945
- WZ: „Wir sind aus dem Keller nicht mehr herausgekommen“
- ZDF: Gedenken an Kriegsende ohne Russland
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